Intuitive Ernährung: Nach Gefühl essen
Intuitives Essen ist ein Ernährungskonzept, bei dem es darum geht, nach Gefühl zu essen. Das bedeutet, seiner Intuition zu folgen und dabei auf Regeln und Verbote zu verzichten. Dabei liegt der Fokus nicht auf einem Gewichtsverlust, sondern auf der Förderung des eigenen Wohlbefindens. Die Devise lautet: Essen, wenn man hungrig ist, und aufhören, wenn man satt ist.
Das klingt erstmal einleuchtend und sinnvoll, doch in der Praxis zeigt sich, dass viele Menschen verlernt haben, sich an ihren eigenen Körpersignalen zu orientieren. Stattdessen richten wir uns oft nach Emotionen wie Stress und Langeweile und lassen unsere Essgewohnheiten von Routine, Verfügbarkeit und sozialen Faktoren beeinflussen.
Beim intuitiven Essen steht die Wahrnehmung im Mittelpunkt. Achtsam soll man sich selbst begegnen und jeden Moment bewusst erleben. Es gilt innezuhalten. Als kleine Übung kann man sich im Laufe des Tages vor dem Essen immer wieder die Fragen stellen: Habe ich Hunger oder ist es Appetit? Wann bin ich wirklich satt und wie merke ich, dass ich genug gegessen habe?
Um diese Fragen zu beantworten, braucht es Achtsamkeit, die wiederum geübt werden muss und nur eintreten kann, wenn es keine Ablenkungen gibt. Denn wie soll man sich selbst aktiv wahrnehmen, wenn man mit einer Hand Besteck und mit der anderen sein Handy hält?
Keine starren Regeln
Das Essverhalten soll so flexibel wie möglich sein. Es gilt, starre Regeln zu vermeiden, denn je unflexibler unser Essverhalten ist, desto weniger Raum lassen wir unserem Körper für Mitsprache. Lebensmittel sind dann entweder in gesund oder ungesund eingeteilt, wodurch wir die Verbindung zu uns selbst verlieren. Stattdessen soll auf die innere Stimme gehört werden. Es gibt keine verbotenen Lebensmittel und keine „schwarze Liste“ – alles darf gegessen werden, wonach der Körper verlangt. Trotzdem gilt, aufzuhören, sobald man gesättigt ist und nicht erst, wenn der Teller leer ist oder man mit den Fingern an den Boden der Chipspackung stößt.
Diese über Jahre hinweg erlernten Gewohnheiten müssen wieder abtrainiert und durch intuitives Essen und Achtsamkeit ersetzt werden. Dies erfordert – wie jede neue Fertigkeit – viel Zeit und Geduld. Achtsamkeit ist nur eine Frage der Übung und Dranbleiben wird belohnt. Denn der positive Einfluss auf Körper, Geist und Psyche ist nicht zu bestreiten.
Intuitives Essen Schritt für Schritt
Verabschiedung von Regeln und Verboten
Essen soll genussvoll sein und ohne schlechtes Gewissen ablaufen können. Es gilt, Frieden mit dem Essen zu schließen und die innere Essenspolizei zum Schweigen zu bringen. Räumen Sie Diätbücher weg und entfolgen Sie Personen, die insbesondere auf Social Media Abnehmdiäten bewerben. (Medizinisch notwendige Diäten sollen natürlich weiterhin befolgt werden.)
Hunger von Appetit unterscheiden
Dieser Schritt ist essentiell, bedarf allerdings viel Aufmerksamkeit, denn für Ungeübte können Hunger und Appetit gleich aussehen. Als Richtlinie gilt: Hunger kommt von innen, Appetit kommt von außen. Hunger entwickelt sich allmählich und macht sich durch eine gewisse Energielosigkeit bemerkbar, während uns Appetit plötzlich überrumpelt. Bei der Unterscheidung beider Gefühlsregungen kann es hilfreich sein, kurz innezuhalten und genau zu prüfen, woher der Wunsch nach Essen kommt.
Bewusst essen
Dies beinhaltet langsames Essen, gründliches Kauen und das Schaffen einer Atmosphäre, die in der Achtsamkeit überhaupt erst möglich wird und nicht von einem flackernden Bildschirm gestört wird. Genauso bedeutet es, nicht schon die halbe Mahlzeit während der Zubereitung zu sich zu nehmen.
Vorerst Nachschlag vermeiden
Auch das Weglassen der „automatischen“ zweiten Portion kann hilfreich sein, wenn man seinem Körper das intuitive Essen lehren möchte. Denn die zweite Portion ist meist angewöhnt und führt im Nachhinein dazu, dass man sich übersättigt fühlt. Anfangs ist es sinnvoll, lieber eine kleinere Menge zu essen, als eine große, während man seinen Körper wieder kennenlernt und sich darin übt, sein eigenes Hungergefühl besser einzuschätzen und das Gefühl von normaler Sättigung zu spüren.
Nahrungsaufnahme reflektieren
Selbstreflexion ist ein entscheidendes Werkzeug, wenn es darum geht, intuitive Ernährung nachhaltig in den eigenen Alltag zu integrieren. Der Auswirkung von Nahrung auf das eigene Wohlbefinden sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dabei kann man sich Fragen stellen wie: Welche Lebensmittel tun mir gut und welche weniger? Was hat meinen Appetit ausgelöst? In welchen Situationen fällt es mir schwer, intuitiv zu essen?
Sättigung wahrnehmen
Sowohl der Genuss als auch das Sättigungsgefühl kann erhöht werden, wenn man sich beim Essen Zeit nimmt und immer wieder seine Aufmerksamkeit auf sich selbst lenkt. Wie fühlt man sich? Spürt man schon ein gewisses Sättigungsgefühl? Wer das Sättigungsgefühl übersieht, merkt dieses oft im Nachhinein, wenn es die Form eines unangenehmen Völlegefühls angenommen hat.
Nahrungsaufnahme von Gefühlslage trennen
Ähnlich wie der Appetit auf ein Lebensmittel, beeinflusst auch unsere Gefühlslage, wann und was wir essen. Wer aus Frust, Langeweile, Freude oder Traurigkeit isst, lässt sich von Gefühlen mitreißen, statt sich von der eigenen Intuition leiten zu lassen. Nicht selten ist Nahrungsaufnahme auch mit „Belohnung“ und „Bestrafung“ verbunden. Dies gilt es zu vermeiden, denn:
Unser Körper ist ein guter Freund
Und er sollte auch so behandelt werden. Eine positive Einstellung unserem Körper gegenüber kann viel bewirken.
Gleichzeitig gilt es zu beachten, dass auch diese Punkte eine Art von „Regelwerk“ darstellen, das im Sinne der Flexibilität und Individualität nicht zu strikt befolgt werden soll. Sonst artet auch dieses Ernährungskonzept in eine unflexible Diät aus, die es eigentlich nicht sein soll.
Zusammenfassend kann man sagen:
Intuitive Ernährung fokussiert das Wohlbefinden und nicht den Gewichtsverlust. Achtsamkeit und Selbstreflexion spielen eine zentrale Rolle, um Hunger, Sättigung und Appetit wieder bewusst wahrzunehmen.
Dabei geht es darum, Essen langsam und ohne Ablenkung zu genießen und Körperreaktionen zu reflektieren. Emotionale Einflüsse auf das Essverhalten sollen vermieden werden, damit das Essen in Abstimmung mit den natürlichen Körpersignalen erfolgen kann.
Text: Anita Szücs, Studentin der FH für Diätologie Wien
Bild: Pixabay
Quellen:
- Bundeszentrum für Ernährung: Intuitiv essen
- Der Standard: So klappt Essen nach Bauchgefühl
- MedSpecialits Magazin: Intuitives Essen
- SRF: Ernährung nach Bauchgefühl
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