Psychosomatik und der Einfluss der Ernährung auf Geist und Körper
Achtsamkeit am Tisch. Wie bewusstes Essen zur Linderung psychosomatischer Symptome beitragen kann.
Bei psychosomatischen Erkrankungen spricht man von funktionellen Störungen, welche durch psychische und soziale Faktoren ausgelöst werden. Das können beispielsweise länger anhaltende Stresssituationen, Trauer, Ängste, Depressionen oder traumatische Erfahrungen sein. Diese wirken sich häufig auf unser Essverhalten und auf unseren allgemeinen Lebensstil aus, was folglich zu körperlichen Beschwerden, wie Verdauungsproblemen, chronischen Schmerzen, aber auch Herzbeschwerden oder Tinnitus (Ohrensausen) führen kann. Sind hier keine organischen Ursachen nachweisbar, spricht man also von einer psychosomatischen Störung.
Einfluss der Ernährung auf Geist und Körper
Während die einen in seelisch belastenden oder stressigen Situationen mehr essen als gewohnt und oft von „unkontrollierbaren Heißhungerattacken“ oder von „Frustessen“ sprechen, essen andere nur noch sehr wenig, was in beiden Fällen zu Veränderungen ihrer Nährstoffaufnahme führt. Es kommt zu erhöhter oder geringer Energieversorgung, zu einseitiger Ernährung und damit zu Nährstoffmängel, zu Veränderungen der Körperzusammensetzung, sowie zu Veränderungen unseres Darmmikrobioms und damit zu Verdauungsbeschwerden (wie Durchfall oder Verstopfung). Diese Reaktionen können wiederum die körperlichen als auch psychischen Beschwerden immer mehr verstärken – das führt in einen Teufelskreis!
Nachfolgend möchte ich näher auf das Phänomen des Darmmikrobioms eingehen.
Die Darm-Hirn-Achse
Es ist, als ob sich der Darm mit unserem Gehirn wie über ein Schnurtelefon unterhalten würde. Tatsächlich kommuniziert das Darmmikrobiom mit Hilfe des Nervensystems (also dem „Schnurtelefon“) mit dem Gehirn, indem es psychische Vorgänge beeinflusst. Das Darmmikrobiom – auch als Darmflora bekannt – ist eine Vielzahl von Mikroorganismen, wie Bakterien, Viren, Pilzen etc.
Das Darmmikrobiom wird unter anderem stark von der Ernährung beeinflusst. Jegliche Ernährungsumstellung kann in nur wenigen Tagen die Zusammensetzung des Mikrobioms verändern. Sind beispielsweise zu wenig der „guten“ Bakterienstämme im Darm angesiedelt, kommt es zu einem Ungleichgewicht der Hormonproduktion, wie etwa der des Glückshormons Serotonin. Und das beeinflusst unsere Stimmungslage. Diese Kommunikation zwischen Darm und Gehirn kann selbstverständlich auch umgekehrt genutzt werden. Depressionen und Angststörungen lassen sich durch die Wiederherstellung des Gleichgewichts unseres Mikrobioms positiv beeinflussen.
Ernährungsempfehlungen:
Durch eine ausgewogene, abwechslungsreiche und „bunte“ Kost sollen sowohl das Darmmikrobiom als auch unsere psychische Stimmungslage im Gleichgewicht gehalten werden.
Man spricht von der „mediterranen Ernährung“ – mit hohem Anteil an Obst und Gemüse, regelmäßig Fisch und Vollkornprodukten, einer moderaten Aufnahme von Fleisch und Milchprodukten und bevorzugt hochwertigen Pflanzenölen (Olivenöl und Rapsöl). Abgeraten wird von „der westlichen Ernährung“ – mit hoher Zufuhr an verarbeiteten Lebensmitteln, wie Fleischwaren, Weißmehlprodukten, salzigen und süßen Speisen/Snacks und zuckerhaltigen Getränken.
Speziell das Darmmikrobiom wird auch durch sogenannte Probiotika und Präbiotika unterstützt. Probiotika sind Lebensmittel, welche in der Herstellung mit natürlich im Darm angesiedelten Bakterien- und Hefestämmen angereichert werden. Am bekanntesten sind hier die Anreicherungen von Milchprodukten mit Milchsäurebakterien. Präbiotika sind unverdauliche Ballaststoffe und stehen als Nahrungsquelle für das Darmmikrobiom zur Verfügung.
Weitere Empfehlungen für einen gesunden Lebensstil:
- regelmäßige Bewegung – je nach persönlichem Ziel und Wohlbefinden, kann ein Sport gewählt werden, der entspannend ist und die Seele baumeln lässt, oder ein Sport, der den Kreislauf in Schwung bringt und die Fettverbrennung ankurbelt. In jedem Fall soll die Bewegung Spaß machen und langfristig umsetzbar sein.
- Aufenthalt an der frischen Luft
- ausreichend und erholsamer Schlaf
- Entspannungstechniken
- soziale Kontakte pflegen
- bei Problemen frühzeitig auf Unterstützung wie eine psychologische Betreuung zurückgreifen
Raus aus dem Teufelskreis
Durch diesen engen Zusammenhang zwischen Geist und Körper möchte ich dazu anregen, besonders bei plötzlich auftretenden, nicht krankheitsbedingten Verdauungsbeschwerden oder allgemeinem Unwohlsein an erster Stelle in sich hineinzuhören und sich zu fragen: Wie geht es mir? Gab/gibt es Veränderungen, ungewöhnliche Belastungen, auffälligen Stress etc.?
Tun Sie sich etwas Gutes. Achten Sie auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung, auf ausreichend Flüssigkeit und körperliche Bewegung. Halten Sie Körper und Geist in Balance.
Sollten sich die Beschwerden damit nicht verbessern, sollten Sie eine*n Ärzt*in aufsuchen, um körperliche Ursachen erkennen und behandeln zu können. Bei Verdacht auf eine Lebensmittelunverträglichkeit oder -allergie sollte dies anhand von seriösen medizinischen Testungen bestätigt werden, bevor (eventuell unnötige) Einschränkungen vorgenommen werden. Lesen Sie dazu auch den Blog-Artikel „Allergietests“.
Zusammenfassung
Die Ernährung spielt eine entscheidende Rolle in der Psychosomatik, da sie sowohl die körperliche als auch die seelische Gesundheit maßgeblich beeinflusst. Durch bewusste Ernährungsgewohnheiten und einen gesunden Lebensstil kann die Belastung durch psychosomatische Beschwerden reduziert und das Wohlbefinden gesteigert werden.
„Ernährung ist die erste Medizin“
Text: Claudia Bachmann, Diätologin Häuser zum Leben
Bild: Pixabay
Quellen:
Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs
Fachspezifische Unterlagen – Diaetologie Austria – Verband der Diaetolog*innen Österreichs
Bisher erschienene Teile des Ernährungsblogs:
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