„Demenzdiät“ – Fakt oder Fake?
Es gibt keine Demenzdiät! Ist damit schon alles gesagt? Nein, es gibt so viele Möglichkeiten die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu erhalten oder zu verbessern. Einen Überblick über den aktuellen Stand bei Vorbeugung und Therapie finden Sie in diesem Artikel.
Keine Kostform kann verlässlich eine Demenz verhindern. Auch therapeutisch lässt sich die Erkrankung selbst nicht durch eine spezielle Ernährung verbessern. Trotzdem gibt es so viele Möglichkeiten, das Leben von Menschen mit Demenz positiv zu beeinflussen, dass sich ganze Bücher füllen lassen. Und wir alle wissen: das Essen ist eine der genussvollsten und wichtigsten Tätigkeiten des Tages.
Verschiedene Studien zum Thema (z.B. Orangensaft, Vitamin D, Kaffee, Spermidin, Kurkuma, Kokosöl, ketogene Diät, Aluminium…) wurden zwar durchgeführt, diese waren allerdings entweder mit sehr wenig Teilnehmer*innen, zu kurz oder schlecht gemacht bzw. zeigten uneinheitliche Ergebnisse. Künftige Studien bringen vielleicht neue Resultate und Ernährungsansätze.
Zusammenfassend kann man sagen: nach heutigem Wissensstand gibt es kein Lebensmittel, das alleine eine Demenz verhindern oder bessern kann. Wie so oft ist die Summe mehr als seine Teile.
Vorbeugung mit Ernährung:
Vermutlich tragen folgende Risikofaktoren, neben einer genetischen Komponente, zur Entwicklung einer dementiellen Erkrankung bei:
Geringe Bildung, hoher Blutdruck, Hörverlust, Rauchen, Übergewicht, Depression, wenig Bewegung, Diabetes, Einsamkeit, exzessiver Alkoholkonsum, Kopfverletzungen, hoher Cholesterinspiegel, Einschränkung der Sehfähigkeit und Luftverschmutzung.
Diese Risikofaktoren lebenslang zu reduzieren könnte bis zu 40 % der Demenzerkrankungen aufhalten bzw. verzögern.
Die Empfehlung hinsichtlich Ernährung in der Vorbeugung einer demenziellen Erkrankung beschränkt sich auf:
- Eine abwechslungsreiche, gesunde Ernährung im Sinne einer mediterranen Ernährung (viel Obst und Gemüse, Fisch, Pflanzenfett statt tierischen Fetten, weniger Fleisch…) ist nützlich.
Behandlung durch Ernährung:
Eine demenzielle Erkrankung ist keine gleichbleibende Situation, sie verändert sich mit der Dauer der Krankheit und es kann sogar tageweise starke Schwankungen geben. Daher können wir nicht eine „Kostform für Menschen mit Demenz“ verordnen – eine Diät, so wie bei Diabetes oder Allergien, die für alle gültig ist, gibt es nicht.
Einseitige Ernährungsweisen sollten vermieden werden (Risiko für Mangelernährung). Ebenso wird von einer Supplementation von hochdosierten einzelnen Nährstoffen (B-Vitamine, Vitamin E, Selen…) abgeraten, wenn kein Mangel nachgewiesen ist.
Bei der Betreuung von Menschen mit Demenz geht es darum, bis zum Schluss eine gute Lebensqualität zu ermöglichen und die Freude beim Essen zu erhalten.
Tipps für eine bedürfnisgerechte Essensversorgung:
- Räume auf ausreichend Helligkeit überprüfen.
- Brillen und Hörgeräte sollten beim Essen benutzt werden.
- Auf Kontraste zwischen Tischdecke und Essgeschirr achten – der Betroffene erkennt den Rand des Tellers leichter.
- Konzentration aufs Essen fördern – Ablenkungen vermeiden.
- Essen in die Hand geben und fühlen lassen, mit den Händen essen erlauben.
- Einzelne Speisen nacheinander servieren – Konzentration auf jeweils nur ein Gericht.
- Essen Sie gemeinsam und zeigen Sie vor, wie das Besteck gehandhabt wird.
- Bei Unruhe: kleine Snacks an verschiedenen Stellen in der Wohnung platzieren – so können die Betroffenen während des Gehens „naschen“.
- Feste Essenszeiten planen, die Mahlzeiten mit gleichbleibenden Impulsen einleiten (Glocke, Melodie, Tischspruch…).
- Süß wird als Geschmack meist gut angenommen, man kann sogar pikante Speisen leicht süßen, um die Akzeptanz zu fördern.
- In kurzen Sätzen sprechen. Entscheidungsfragen sollten möglichst mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können.
- Auf eine ausreichende Trinkmenge achten (Lieblingsgetränk).
- Ablehnendes Verhalten nicht persönlich nehmen.
- Schmerzen können zu Appetitverlust führen: Achten Sie auf Schmerzäußerungen und besprechen Sie diese mit dem*der behandelnden Arzt oder Ärztin
Zusammenfassung:
- Die Lebensqualität der Betroffenen steht im Vordergrund
- Es gibt keine „Demenzdiät“, weder vorbeugend noch in der Behandlung.
- Ein „Werkzeugkoffer“ an zusätzlichen Angeboten kann helfen, individuell vorhandene Schwierigkeiten bei den Betroffenen auszugleichen.
- Bei Fragen wenden Sie sich an Demenz-Expert*innen aus den Bereichen Medizin, Diätologie, Pflege etc.
Text: Susanne Bayer, Diätologin, Häuser zum Leben
Bild: Demenzrestaurant Haus Döbling
Quellen:
Risk reduction of cognitive decline and dementia: WHO guidelines
Dementia prevention, intervention, and care: The Lancet
ESPEN guideline on nutrition and hydration in dementia
Medizin transparent | Gesundheit im Faktencheck
Weiterführende Informationen:
Interview: Ernährung in der Altenbetreuung
Demenz-Betreuung in den Häusern zum Leben
Demenz-freundliches Restaurant in den Häusern zum Leben
#demenzRAUM
Ernährungsblog
Im Ernährungsblog klären die Diätolog*innen der Häuser zum Leben über wichtige Ernährungsthemen auf. Einmal monatlich erscheint ein Blogbeitrag.